Bewilligung des Projektes "Europa und die Ukraine im 20. Jahrhundert - sowjetische Herrschaft, deutsche Okkupation und konflikthafte Erinnerungen"

Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Förderung für das von der DUHK initiierte Projekt „Europa und die Ukraine im 20. Jahrhundert - sowjetische Herrschaft, deutsche Okkupation und konflikthafte Erinnerungen" bewilligt.

Das Vorhaben strebt an, ein Zentrum für die Erforschung der Geschichte der Ukraine im Kontext der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Ukrainischen Katholischen Universität in Lemberg/L‘viv in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München aufzubauen. Das Zentrum stellt sowjetische Massenverbrechen in den 1930er Jahren, insbesondere den Holodomor, und die deutsche Okkupation der Ukraine im Zweiten Weltkrieg sowie damit verbundene Erinnerungskonflikte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt der Forschung.

Die Ukraine hat mehr unter den beiden großen verbrecherischen Regimen der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, der stalinistischen Sowjetunion und dem nationalsozialistischen Deutschland, gelitten als andere Teile Europas. Dadurch stellen sich auch die großen erinnerungspolitischen Fragen nach ihrem Verhältnis und ihrer Bewertung, die den zentralen erinnerungspolitischen Konflikt in der europäischen Öffentlichkeit bis in die Gegenwart bilden, im ukrainischen Fall in besonderer Weise.

Das geplante Zentrum soll Forschungen zu umstrittenen Fragen der Gewaltgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Forschungen zur Geschichte ihrer Erinnerung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere in der Zeit des Kalten Kriegs, verbinden. Zu den Zielen des Vorhabens gehört es, mit Hilfe historischer Grundlagenforschung zur Orientierung in den umstrittenen erinnerungspolitischen Fragen beizutragen.

Das Vorhaben knüpft an die Zusammenarbeit ukrainischer und deutscher Historiker in der seit 2015 bestehenden Deutsch-Ukrainischen Historikerkommission an und greift Themen auf, die in der Arbeit der Kommission als Fragen identifiziert wurden, die mit einem beträchtlichen Mehrwert für beide Seiten gemeinsam erforscht werden sollten. Das Vorhaben strebt damit auch eine Verstetigung und stärkere Institutionalisierung der Zusammenarbeit ukrainischer und deutscher Historiker an.

In der bewilligten ersten Phase des Projektes, der Konzeptphase, soll Ende 2021-2022 die übergreifende Fragestellung weiter ausgearbeitet und das Forschungsvorhaben in den oben skizzierten drei thematischen Feldern zu konkreten Forschungsprojekten entwickelt werden. Darüber hinaus soll ein Entwurf für die formal-rechtliche Organisationsform des Exzellenzkerns erstellt werden. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter wird PD. Dr. Kai Struve, Mitglied der Deutsch-Ukrainischen Historikerkommission, diese Aufgaben übernehmen. Projektleiter ist Prof. Dr. Martin Schulze Wessel.