Die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission empfiehlt die Gründung eines Deutschen Historischen Instituts in Kyjiw

Im russischen Krieg gegen die Ukraine wird offenbar, dass es in Deutschland und international an Ukraine-Expertise fehlt. In der Momentaufnahme zeigt sich ein langfristig angelegtes Problem: Ukrainische Themen werden in der deutschen und internationalen Geschichtswissenschaft nicht hinreichend erforscht, und es mangelt an Infrastrukturen für Ukraine-Forschungen in Deutschland und in Europa.

Russlands Krieg gegen die Ukraine wird in Europa, insbesondere aber in der Ukraine selbst, geschichtskulturelle und geschichtspolitische Auswirkungen haben, die zu neuen Forschungs- und Kommunikationsbedürfnissen führen werden. Dies gilt etwa für die Geschichte der deutsch-ukrainischen Beziehungen, zu denen die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission im März Januar 2022 ein Geschichtsportal eröffnet hat. Daran ist anzuknüpfen, um zu einem umfassenderen Verständnis der bislang wenig erforschten Beziehungen beider Länder zu gelangen. Darüber hinaus ist eine grundsätzliche Reflexion über die europäischen und globalen Verflechtungen der Ukraine nötig. Dies erfordert neben konzeptioneller Arbeit auch archivbasierte Forschung. Die Voraussetzungen dafür sind in der Ukraine gegeben, die freie Forschungsmöglichkeiten anbietet und deren Archive ohne politische Einschränkungen zugänglich sind.

Die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission sieht einen sowohl aktuellen als auch langfristigen Bedarf zur Schaffung einer festen, nachhaltigen Infrastruktur für deutsch-ukrainische Kooperationen im Bereich der historischen Wissenschaften und speziell für die Förderung kontinuierlicher Forschung in der Ukraine. Bereits in den Jahren 2015 und 2016 schlug sie die Gründung eines Deutschen Historischen Instituts in Kyjiw vor. Die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission empfiehlt der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, die Bildung einer solchen Infrastruktur so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Die Kommission bietet dazu jede fachliche und organisatorische Unterstützung sowohl in Deutschland als auch im künftigen Gastland an.