Kriegsgefangene Rotarmistinnen im Kontext des Zweiten Weltkrieges
Während des Zweiten Weltkriegs diente in der Roten Armee zum ersten Mal in der modernen Kriegsführung eine große Zahl an Frauen als reguläre Soldatinnen, viele von ihnen gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Da die Wehrmacht nicht mit weiblichen Kriegsgefangenen gerechnet hatte, war der Umgang mit ihnen nicht einheitlich geregelt und reichte von der Erschießung von Kombattantinnen bei ihrer Gefangennahme bis zur Verweigerung des Kriegsgefangenenstatus und der Überführung in ein Konzentrationslager oder in die zivile Zwangsarbeit im Deutschen Reich. Für die Rotarmistinnen bedeutete die Gefangennahme physische, emotionale und häufig auch sexualisierte Gewalterfahrungen. Während die Behandlung der Frauen in deutscher Gefangenschaft mittlerweile vermehrt in der Forschung Beachtung findet, wird auf ihre Perspektive wie die in der Gefangenschaft gemachten Erfahrungen und die Auswirkungen dieser auf ihr weiteres Leben kaum eingegangen. Denn ihre Befreiung bedeutete keineswegs, dass sie die Verfügungsgewalt über ihr Leben zurückerlangten. So waren auch sie bei ihrer Rückkehr mit dem pauschalen Vorwurf des Vaterlandverrats konfrontiert und mussten zunächst das sowjetische Repatriierungssystem durchlaufen, das für Einige in Repression und erneuter Lagerhaft endete. Ebenso wurde ihnen die Verarbeitung der Gefangenschaft erschwert, da die Nachkriegsgesellschaft die ehemaligen kriegsgefangenen Rotarmistinnen in mehreren Hinsichten stigmatisierte – da sie als Frauen in der Armee gedient hatten und da sie in Kriegsgefangenschaft gerieten. In dem Dissertationsprojekt sollen die Erfahrungen kriegsgefangener Rotarmistinnen während und nach dem Zweiten Weltkrieg untersucht werden.