PostDoc-Projekt "Andrij Melnyk: Die Lebensgeschichte des OUN-Anführers und die Erinnerung an ihn und seine Bewegung"

Die Tätigkeit der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) hat bereits die Aufmerksamkeit zahlreicher Forscher, Publizisten, Politiker und Agitatoren auf sich gezogen. Viele akademische Texte beschäftigen sich mit der Teilnahme von OUN-Mitgliedern an der von Stepan Bandera angeführten Verfolgung und Massakrierung der jüdischen, polnischen und „nicht-loyalen“ ukrainischen Bevölkerung. Auch die Bewegung von Taras Borovec (Bulba) ist erforscht. Dem gegenüber steht die OUN-Tätigkeit unter der Führung von Andrij Melnyk, mit der bislang noch fast keine wissenschaftliche Auseinandersetzung stattgefunden hat, wie auch mit der Biografie von Melnyk selbst. Die ist daher das Ziel meines Projektes.

Insbesondere soll die Einstellung Melnyks und seine Anhänger gegenüber den antijüdischen und antipolnischen Aktionen der Banderisten und ihre Teilnahme daran untersucht werden. Noch während der Revolution 1917-1921 trat Melnyk gegen antisemitische Pogrome auf, doch schon 1941 riefen seine Anhänger zu Gewalt gegen Juden auf. Die Gründe dieser Veränderung sollen in meiner Arbeit analysiert werden. Ein zweiter Aspekt ist das Verhältnis Melnyks zu Nazi-Deutschland und zu den deutschen Repressionen gegen die OUN (B) auf dem Gebiet der okkupierten Ukraine. Dazu gehört auch die Frage, inwieweit die Anhänger der OUN (M) mit der deutschen Hilfspolizei zusammenarbeiteten.

Als dritten Punkt betrachte ich Melnyks Anhänger in der Nachkriegszeit, insbesondere die Entwicklung ihrer Ideologie, die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten und die Beziehungen zur ukrainischen, jüdischen und polnischen Emigrantengemeinschaft. Zuletzt gehe ich auf die Frage ein, ob, wie auch im Fall von Stepan Bandera, ein Kult von Andrij Melnyk existiert und für wen dieser relevant ist.