Das Musikleben in der Ukraine in den Jahren 1941-1944

Die ukrainische Musikgeschichte während der deutschen Besatzung ist bisher kaum erforscht worden. Verschiedene Faktoren trugen dazu bei, insbesondere aber die sowjetischen Jahre nach 1944 bis zur Unabhängigkeit der Ukraine 1991, als die allgemeine Zensur und die Moskauer Dominanz der Geschichtsschreibung eine wissenschaftlich objektive Betrachtung der Ereignisse verhinderte. Aber auch seither wurde der Kultur und insbesondere der Musik kaum wissenschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt, abgesehen von einigen Artikeln und einer breiteren Untersuchung des Theaterlebens in Monographien von Valerii Haidabura.

Wie meine 2022 begonnene Dissertation zu zeigen versucht, eröffnet eine eingehende Untersuchung der Zeit während des Zweiten Weltkriegs jedoch eine Fülle an Themen und Forschungsansätze, um das kulturelle Leben während der deutschen Besatzungsjahre, die Problematiken von Verfolgung, Exil und Kollaboration sowie die Folgen des Krieges zu untersuchen, da die Konsequenzen dieser Periode bis in die Gegenwart fortbestehen. Verkürzt gesagt wurde das Musikleben der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs von verschiedenen Kräften bestimmt: Zu Beginn des deutschen Regimes im Jahr 1941 war die Spaltung zwischen denen, die blieben, und denen, die flohen, deutlich zu spüren. Diejenigen, die blieben, mussten sich an die Bedingungen der nationalsozialistischen Besatzer anpassen, so dass zahlreiche Konzertabende und Opernaufführungen mit deutschem Repertoire veranstaltet und zahllose Artikel in Zeitungen und Zeitschriften der deutschen Kultur und deutschen Künstlern gewidmet wurden. Als sich 1942 die Kriegsführung verschärfte und der Terror gegen die Zivilbevölkerung zunahm, wurde es für die Musiker sehr schwierig, dem Druck zur Zusammenarbeit zu widerstehen. Es ist jedoch kaum bekannt und bedarf weiterer Untersuchungen, ob, wie, warum und in welcher Form sich Musikerinnen und Musiker auf eine Zusammenarbeit mit den deutschen Truppen einließen. Denn einige von ihnen entschieden sich, während des Krieges nicht mehr künstlerisch aktiv zu sein, während andere von sovetischem Territorium aus für die Befreiung der Ukraine arbeiteten. Wieder andere komponierten ungebrochen weiter, wobei die aus der Kriegszeit stammenden Werke ukrainischer Komponisten bis heute musikwissenschaftlich nicht genug untersucht wurden, so wie auch das Wirken von Musikwissenschaftlern bis heute nicht systematisch erforscht ist, da ihre Namen in der folgenden Sowjetzeit Tabu waren als Verräter am Sozialismus. Um daher den Fortgang des akademischen und künstlerischen Musiklebens bis in die Gegenwart verstehen zu wollen, ist eine quellenkritische, gründliche Untersuchung der Jahre 1941 bis 1944 unerlässlich