Lokale Kollaboration und der Holocaust in der besetzten Ukraine. Der Bezirk Bar, 1941-1944

Andrij Usach untersucht die Frage der Mittäterschaft lokaler Kollaborateure bei der Umsetzung antijüdischer Gewalt aus lokaler Perspektive – am Beispiel der Ereignisse, die 1941-1944 im Bezirk Bar stattfanden, als mindestens 9.000 einheimische Juden getötet wurden. Die Analyse biografischen Materials ermöglicht es dem Autor, die Lebenswege lokaler Kollaborateure vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zu verfolgen, die Mechanismen zu analysieren, wie sie für die Zusammenarbeit mit den Nazis engagiert wurden, Motivationen und Kombinationen zu identifizieren, die die Transformation von „einfachen Menschen“ zu Tätern des Holocaust bewirkten. Darüber hinaus stellt sich der Forscher die Frage, ob die Täter innerhalb des Nazi-Projekt Holocaust auch eigene Strategien umsetzten und inwieweit man Eigeninitiative in der antijüdischen Verfolgung identifizieren kann. Die Studie basiert nicht nur auf den Aussagen lokaler Täter, sondern auch ihrer Opfer sowie externer Beobachter, was es ermöglicht, dieselben Ereignisse aus der Perspektive verschiedener Akteure zu betrachten und eine vielschichtige Beschreibung des Massenmordes an Juden zwischen August und Oktober 1942 zu geben, von dem fast keine Originalaufzeichnungen erhalten geblieben sind.